Martina Weitsch, ehemalige Beauftragte des Quäkerrats für Europäische Angelegenheiten (QCEA), analysiert die Bedeutung der neuen Richtlinien der EU hinsichtlich finanzieller Unterstützung israelischer Firmen und Institutionen und ruft zur Aktion auf.

Am 19. Juli 2013 brachte die EU neue Richtlinien “bezüglich der Förderungswürdigkeit israelischer juristischer Personen und Firmen, hinsichtlich ihrer Aktivitäten, in den – seit Juni 1967 von Israel – besetzten Gebieten“ heraus, „was die finanzielle Unterstützung in Form von Subventionen, Preisgestaltungen und Finanzinstrumenten anbelangt, die ab 2014 von der EU geleistet werden soll“. Einfach gesagt, bedeutet dies, dass legalen juristischen Personen und Firmen, die ihren Sitz in illegalen Siedlungen haben oder dort tätig sind, künftig eine finanzielle Förderung oder Preisgestaltung durch die EU verwehrt bleibt.

Hintergrund 

View Across Jerusalem Credit: Berthold Werner

Israels ursprüngliche Grenzen wurden, durch die Annektierung palästinensischer Gebiete des Westjordanlandes im Jahre1967 und die damit verbundene Einverleibung vom Osten Jerusalems, Gaza und den Golanhöhen, erweitert. Die international anerkannten Grenzen lehnte die israelische Regierung ab und erlaubte es Israelis (jüdischen Siedlern), sich auf palästinensischem Territorium niederzulassen. Derzeit leben dort über 400 000 Siedler, die – nach internationalem Recht – illegal sind und eine friedliche Lösung zwischen Israelis und Palästinensern erheblich erschweren.

Taten und Worte der EU

Seit ihrer Ernennung zur ranghohen EU-Vertreterin für auswärtige Angelegenheiten im Jahr 2009 hat Catherine Ashton unermüdlich für die Haltung der EU geworben. QCEA vertritt die Ansicht, dass Worte, auf die keine Handlungen folgen, nicht zum Frieden führen werden. Beteuerungen der EU, dass die Siedlungen internationalem Recht zuwiderlaufen und den Friedensprozess hemmen, bewirken – für sich allein gesehen – wenig. Es ist nötig, dass dem Gesagten Taten folgen.

Die im Juli veröffentlichten Richtlinien, sind eine erste Reaktion der EU, auf die vielen – über die Jahre laut gewordenen – Aufforderungen, endlich auf positive Weise praktisch tätig zu werden. Der neue Leitfaden ist ein erster mutiger und anerkennenswerter Schritt in die richtige Richtung. Nun ist es äußerst wichtig, dass die EU – und insbesondere auch Frau Ashton und die EU Kommissarin für Forschung, Innovation und Wissenschaft Maire Geoghegan-Quinn – sich auch in Zukunft nicht beirren lassen, sondern weiterhin diesen tapferen und wichtigen Weg beschreiten.

Was steht in den Richtlinien und wie funktionieren sie?

Die Richtlinien treten erst im Januar 2014, zeitgleich mit dem Finanzrahmen (dem mittelfristigen Haushaltsplan der EU für 2014 bis 2020) in Kraft. Der Leitfaden bezieht sich auf Programme, die von der EU finanziell unterstützt werden, befasst sich jedoch nicht mit Israel und dessen Siedlungen. (Dies soll keine Kritik der Richtlinien meinerseits darstellen, sondern dazu beitragen, die Gegebenheiten im Blick zu behalten und einen übergroßen Enthusiasmus zu relativieren.)

Die Richtlinien haben verpflichtenden Charakter gegenüber der EU und EU-Agenturen, aber sind nicht bindend hinsichtlich der bilateralen Beziehungen von Mitgliedsstaaten mit Israel. Die Leitsätze gelten für rechtmäßige juristische Personen und Firmen, jedoch nicht für natürliche Personen und nehmen zudem Subunternehmer, die von der EU bezuschusst werden, aus.

Sollten wir uns freuen?

Ja, auf jeden Fall. Zum ersten Mal hat die EU ihre erklärten Überzeugungen in ein rechtlich verbindliches Dokument einfließen lassen, und damit den Willen zum Ausdruck gebracht, in Bezug auf den Palästinakonflikt, Worten Taten folgen zu lassen. Ein Blick auf den 1. Artikel der Richtlinien genügt, um zu erkennen, welch Potential zu grundlegenden Veränderungen dieses neue Gesetz in sich birgt:

In den besagten Leitsätzen werden die Bedingungen dargelegt, die erfüllt sein müssen, damit der EU-Ausschuss die Hauptvoraussetzungen zur Vergabe der Unterstützung von juristischen Personen und Firmen Israels schaffen , bzw. deren Aktivitäten in den (seit Juni 1967) besetzten Gebieten fördern kann. Ziel dieser Ausführungen ist es, dafür zu sorgen, dass die Standpunkte der EU geachtet und die Verpflichtungen, in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht, eingehalten werden. Hinsichtlich der 1967 besetzten palästinensischen Gebiete macht die EU deutlich, dass sie die von Israel erklärte Hoheitsgewalt nicht anerkennt. Die Richtlinien wurden, ohne wichtige Fragen in anderen Themenbereichen zu vernachlässigen, von der EU-Gesetzgebung geschaffen.

Ein Aufruf, tätig zu werden!

Außer dem Feiern des Erreichten muss noch Einiges mehr getan werden:

1. Es ist notwendig, dass die Umsetzung der Richtlinien, im Jahre 2014 und darüber hinaus, aufmerksam beobachtet wird. Dabei muss das besondere Augenmerk auf Subunternehmer gerichtet sein, da diese ausgenommen sind und somit eine Gesetzeslücke besteht.

2.Verschiedene Programme zwischen Israel und der Europäischen Kommission – wie zum Beispiel im Bereich der Forschung, bei kulturellen und wissenschaftlichen Austauschen und bei Veranstaltungen im Rahmen des Europäischen Nachbarschaftprogramms – bei denen es darum geht, sich gemeinsam zu erinnern und einander besser zu verstehen, sollten auch dazu genutzt werden, die Wirksamkeit der Richtlinien zu überprüfen.

3. Der Druck auf Mitgliedsstaaten, in Übereinstimmung mit den Verpflichtungen der Gemeinschaft zu agieren, der sie angehören und die Richtlinien in Bezug auf bilaterale Finanzunterstützung zu befolgen, muss aufrecht erhalten werden.

4. Das Problem des Importes von Waren, die in den besetzten Gebieten hergestellt wurden, (und somit nach internationalem Recht als illegal gelten) muss weiterhin ein Anliegen der EU und ihrer Mitgliedstaaten bleiben.

Wenn wir heute voller Freude die Veröffentlichung der EU-Richtlinien feiern, so ist diese Euphorie wohl kaum mehr als eine kleine Verschnaufpause, vor dem nächsten Arbeitsabschnitt. Es ist dringend notwendig, dass die erwähnten Leitsätze – so schnell wie möglich – weiter ausgebaut und verfestigt werden.

Martina Weitsch

Martina Weitsch ist eine ehemalige QCEA-Beauftragte, die sich, da sie ihr Amt niedergelegt hat, nun auf nationaler Ebene in Großbritannien politisch engagiert. (Näheres unter: rationaldebateblog.wordpress.com).

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